Mythos Amazonien

... von der Quelle des Amazonas bis Manaus

Boca Manu

Amazon Manu Lodge

Nächtliche Tierbeobachtung

Ich habe heute Nacht super geschlafen. Der Alto Madre de Dios sorgt durch sein gleichmäßiges
Rauschen für ein entspanntes Einschlafen. Erstaunlicher Weise rappelt am Morgen zum erstenmal auf dieser Reise mein Wecker. Ich hatte ihn neben mein Bett gestellt, um ab und an mal einen Blick darauf zu werfen. Er scheint wohl mit der Höhe nicht klargekommen zu sein. Im Hochland hat er nämlich überhaupt nicht funktioniert. Auch so etwas lernt man hier im Dschungel.Das fremdartige Vogelgezwitscher und dazu das Rauschen des Flusses sind ein angenehmes Wachwerden. Also Moskitinetz hoch, rasieren (auch von gestern noch). Die Dusche, wenn auch kalt, ist angenehm und erfrischend. Dann noch Rucksack packen und Reisetasche ein bisschen aufräumen. Und einfach nur auf der Veranda sitzen und genießen.     Ist ja mittlerweile kein Problem mehr.

Die Nacht war kalt. Es hat lange gedauert, bis ich einschlafen konnte. Ich hätte nie gedacht, dass
man im Dschungel so frieren kann. Aber wir können heute endlich mal ausschlafen, Frühstück ist
erst für 09.00 Uhr angesetzt. Und Timo hat sich auch wieder etwas besonderes einfallen lassen,
Pfannkuchen mit leichtem Orangengeschmack. Dazu die leckere Marmelade, hm.

Nach dem Frühstück geht’s wieder ins Boot. Mittlerweile sind wir bei einer Höhe von rd. 500 m
über NN angekommen. Die Fahrt findet bei angenehmen Temperaturen statt, den meisten ist es
sogar 'etwas zu kühl', so dass sie eine Jacke angezogen haben. Die Stein- und Sandinseln im
Strom sind heute wieder besser zu sehen, der Wasserstand ist über Nacht etwa 20 – 30 cm ge-fallen. Urwaldriesen liegen am Flussufer und an den Sand- und Steininseln. Ab und zu kommt von rechts oder links ein Zulauf. Der gerade einmündende Zulauf ist noch brauner als der Alto Made de Dios. Es ist der Manu. Der Fluss wird auch sofort merklich breiter. 

Schulklasse in Boca Manu

Unser erstes Ziel ist Boca Manu. Ein Dorf, das sich erstaunlich von den bisherigen Dörfern abhebt. Sehr sauber, mehrere Geschäfte, Bars, Schule, Kirche. Wir machen einen Dorfspa-ziergang. In der Schule scheint gerade Pause zu sein. Ein süßes, kleines Mädchen ruft uns kess „Hola Gringos“ zu. Die Kinder drängeln sich vor unsere Kameras und wollen sich dann natürlich auf dem Display sehen. „Mirra, mirra“ rufen die Kinder. „Anschauen, anschauen“. Ein kleiner Junge beißt einen anderen sogar in den Arm, um in die vorderste Reihe zu kommen. Die Kinder geben keine Ruhe. Friedel kniet vor ihnen, knipst und zeigt, und sie werfen ihn mit ihrem Temperament buchstäblich um. Doch die Lehrerin pfeift sie schließlich zurück, die Schule geht weiter.

Wir schlendern zur Strandbar und Urlaubsfeeling macht sich breit. Kalte Getränke (endlich), Salsamusik, Sonne, blauer Himmel, Liegestühle. Herz, was verlangst du noch mehr. Aber es muss auch mal einen ruhigen Tag geben.

Auf dem Manu ist nicht viel los, nur ab und zu mal ein Motorkanu. Und das, obwohl es keine Straße nach Puerto Maldonado gibt. Die Fließgeschwindigkeit des Stromes nimmt ab, das Ge-fälle wird immer weniger. Bis zur Amazonasmündung sind es noch rd. 5.400 km und wir sind bereits auf 515 m über NN angekommen.  Die Anschwemmungen an beiden Ufern werden im-mer extremer. Riesenbaumstämme mit Durchmessern von 5 bis 8 m liegen hier und werden, falls sie nicht vom nächsten Hochwasser weitergespült werden, wohl verrotten. Der Manu mündet in Bolivien in den Beni, von da geht es weiter als Rio Madeira, und mündet dann östlich von Manaus in den Amazonas. An beiden Ufern wird bei Hochwasser immer mehr vom Ufer Richtung Regenwald weggespült. Bei Hochwasser ist der Manu gut 4 m höher als jetzt. Für mich unvorstellbar, was dann am Ufer alles weggespült wird.

Wilner zeigt mir einen Moskito. So klein, und er kann doch soviel Unheil anrichten.

Urlaubsfeeling

Auch essen dürfen wir in der Bar. Sollte man sich in Deutschland mal vorstellen. Mit Kisten voller
Essen anzukommen und nur Getränke bestellen. Als das Pikante alle ist, macht Timo sofort neues,
besonders scharf diesmal. Als Rainer Marion Pikante auf die Hose kleckert, meint Manni nur: „Ja,
mach sie auch da unten scharf.“ Und als Rainer kurze Zeit später von der Toilette kommt meint
Marion nur: „Schatz, zieh Dich doch mal richtig an (er hat die Hose noch auf), oder kannst Du nicht mehr bis heute Abend warten?“ Und Manni hat festgestellt, das Pikantje zweimal brennt, einmal beim Essen und das zweitemal beim Sch....! 

Sabine erzählt, dass sie so manche Aussage in den Reisebeschreibungen nicht richtig deuten
konnte. Unter anderem auch die mit der Machete, die man für Toilettengänge benutzen sollte. Daraufhin hätten sie sich 'so ein Ding' gekauft, in das auch Frauen pinkeln können. Nur für alle Fälle. Wieland spricht allen aus dem Herzen, als er meint, dass wir das aber alle sehen wollen.

Aber so langsam müssen wir weiter. Vamos! Noch ca. 1 ½ Stunden bis zum heutigen Endpunkt.

Wir fahren an wild wachsendem Zuckerrohr vorbei und nach über einer Stunde ist uns noch kein anderes Boot begegnet. Susanne verlangt eine Pinkelpause, und ruck-zuck sind noch 4 Personen mit ausgestiegen. „Wow“, sagt Friedel, „bei so einer spontanen Aktion eine 50 %-Quote. Toller Erfolg.“

Auf einmal schreit Rainer: „Rechts, rechts, rechts!“.Was gibt es zu sehen? Nichts, nur einen Baumstamm, der aus dem Wasser ragt. Rainer hat ihn wohl für einen Kaiman gehalten.  

Die Amazon Manu Lodge ist wunderschön. Ein edler Fußboden, da müssen wir natürlich unsere
dreckigen Wanderschuhe draußen vor der Tür stehen lassen, auch wenn die Socken schon etwas
müffeln. Während des Essens auf einmal seltsame Geräusche, ein Frosch, der ungefähr die Größe
eines vollgepackten Rucksacks hat. Leider können wir ihn nur hören und nicht sehen. Die heutige
Wanderung soll ca. 1 ½ Stunden tief in den Dschungel gehen. Dann wird auf einer Plattaforma
(wie Wilner immer sagt) übernachtet und Tiere beobachtet. Da die Wanderung im Dunkeln stattfindet und außerdem wohl noch ziemlich anspruchsvoll ist, werde ich in der Lodge über-nachten. Tony bringt mich zum Zimmer, die Hütte ist so weit draußen, dass der Weg auch schon fast eine kleine Wanderung ist. Überall um mich herum fremde Geräusche. Mal gespannt, wie ich schlafen werde.

Abendstimmung

Gegen 18.20 Uhr, es ist schon dunkel, wollen wir zur 'Plattaforma' aufbrechen. Der Weg soll ungefähr 90 Minuten dauern, da bin ich mal gespannt. Der Zusatzguide kommt wohl etwa später. Irgendwas scheint wohl nicht so richtig zu klappen. Gegen 19.45 Uhr geht es dann los, inzwischen ist es stockdunkel. In Einerreihe mit Gummistiefeln (auch wegen der Schlangen) hintereinander her. Über Wurzeln, durch Matsch und über kleine Holzstege geht es vorwärts. Unser Guide schlägt zweimal den verkehrten Weg ein. Also wieder umkehren und neuen Anlauf. Nach ca. einer Stunde leichtes Palaver auf Spanisch. Ergebnis: Raucher und Raucherinnen werden gesucht. Warum? Hier gibt es die Springschlange, ihr Name ist Chicotillo, die bis zu 1,20 m springen kann. Tabakgeruch mag sie angeblich gar nicht und sie sucht deshalb das Weite. Etwa 5 Raucher/-innen melden sich. Wo kommen denn plötzlich die vielen Raucher her? Und weiter geht’s.

Bald sind wir am Ziel. Eine Plattform, etwa 4 m über dem Boden. Auf der einen Seite der Treppe
steht ein Typ, der meint, er müsse unbedingt etwas sagen. Wir sollen ruhig sein, denn sie sind bereits den zweiten Tag hier und haben noch nichts gesehen und gehört. Und wenn wir nicht ruhig seien, verjagen wir auch heute alles. Dass die Tiere erst gegen 02.00 bis 03.00 Uhr in der Früh kommen, scheint er selbst am 2. Tag noch nicht kapiert zu haben. Vielleicht wollte er uns ja auf diese Art auch nur mitteilen, dass wir nicht die einzigen Deutschen hier sind. Jedenfalls klettern wir die Stufen hoch, ziehen die Gummistiefel aus und machen es uns auf unseren Matratzen bequem. Eine dünne Decke über uns, das Moskitonetz runter und wir versuchen zu schlafen.

Ich bin gerade eingepennt, da kommt eine Hand von rechts und schüttelt mich. Mechtild kann es ja nicht sein, die ist nicht dabei. Wer will da was von mir? Wie ich am anderen Morgen feststelle, war es Monika. Ich habe wohl angefangen zu schnarchen und das hat sie gestört. Was die alle für Probleme haben, ich habe mich noch nie schnarchen gehört. Versuche dann trotzdem, wieder einzuschlafen, aber es gelingt mir nicht so richtig.

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