Willner will uns um 07.00 Uhr wecken. Ist aber nicht nötig, was
für eine Geräuschkulisse: LKW's,
Hühner, Musik und wer weiß noch was alles. Dazu ist es hell.
Nach einem kräftigen Frühstück besichtigen wir Pilcopata. Wir
sehen auch unsere erste Schlage,
mitten auf der Straße und schön platt gefahren. Tony sagt, sie ist
harmlos. Wirklich gefährlich sind nur die grellen. Den T-Shirts nach
zu urteilen also Marion, Tony und ich. Friedel zeigt auf Susannes
rote Haare: „Sehr giftig!“
Pilcopata
Wir sehen einige wirklich abenteuerliche LKW's, die bei uns 0
Chance hätten, durch den TÜV zu
kommen. Auch ein orange-gelbes Gebäude am Ortsrand mit der
Aufschrift SAOKO erweckt unsere Aufmerksamkeit. Wir vermuten eine
Karaoke-Bar, aber Wilner sagt, in dieses Gebäude darf man keine
Frauen mitnehmen, die sind schon drin. Also eine Erotikbar oder
mehr. Neben einer Brücke über die wir gehen, ist noch die ehemalige,
abenteuerlich aussehende Hängebrücke zu sehen. Teilweise schon mit
Ranken zugewuchert. Aber es ist klar ersichtlich, dass hier niemand
mehr rübergeht.
Hängebrücke in Pilcopata
Der Bus holt uns wieder ein. Eine wirklich abenteuerliche Piste
wartet auf uns. Schlaglöcher queren ist schon mm-Arbeit.
Ansonsten Aufsetzen auf dem Unterboden. Bei Gegenverkehr
muss einer ausweichen bzw. zurücksetzen.
Piste im Manu NP
Am ersten Haltepunkt, einer Coca-Plantage erklären uns Tony und Wilner etliche Obstund Pflanzenarten. Und auch die berühmt-berüchtige Coca-Pflanze. Die Pflanze kann zweimal jährlich abgeerntet werden, die gesamte Lebensdauer der Pflanze beträgt ca. 5 Jahre. Wir haben ihre Wirkung gegen die Höhenkrankheit in den vergangenen Tagen schätzen gelernt.
Coca-Plantage
Der Junge der uns alles zeigt, heißt Cäsar und sein Papagei Cäsarius. Manni nimmt den Papagei auf den Arm und will Küsschen. Aber der Papagei beißt ihn nur in die Nase. Ich darf ihn (den Papagei natürlich und nicht Manni) auch auf den Arm nehmen; er klettert mir auf die Schulter und knabbert gleich meinen neuen Hut an, den ich mir gestern Abend noch gekauft habe.
Cäsario gefällt mein Hut
Unterwegs ein Riesenschlagloch. Der Bus droht aufzusetzen. Alle aussteigen und das Loch notdürftig mit Steinen auffüllen. Beim zweiten Anlauf klappt es. Gusto ist wirklich ein exzellenter Fahrer. Kurz vor unserem Zielort Atalaya heißt es wieder aussteigen, Loch auffüllen, und hier klappt die Durchfahrt sofort.
In Atalaya stürmen wir sofort den kleinen Laden und kaufen Bier
und Wasser (in genau dieser
Reihenfolge). Ich schäkere noch mit einem kleinen Jungen, bis er
lacht und winkt.
Am Ufer des Alto Madre Dios liegt schon unser Boot, bereits mit
unserem Gepäck beladen. Der
Kapitän ist Augusto (25), sein Steuermann Nestro (18). Wir sind
überrascht, tolle bequeme Sitze.
Wir hatten eigentlich nur Holzbänke erwartet. Die Fahrt geht flott,
der Fahrtwind kühlt ange-nehm.
Nach kurzer Fahrt bestände die Möglichkeit zum Baden/Schwimmen. Aber es sind zu viele Sedimente im Wasser. Bei der braunen Brühe hat keiner Lust. Also geht es weiter stromabwärts. Der Alto Madre Dios hat eine Fließgeschwindigkeit von 20 km und mehr. Er ist etwa 200 m breit, weitet sich aber in der Regenzeit auf 700 m aus. Die Landschaft nimmt mich schon in ihren Bann. Üppiger Regenwald mit allen möglichen niedrigen und hohen Pflanzen. Als der Kapitän anlegt, bedeutet das für uns, aussteigen und Gummistiefel anziehen, vor allem wegen der Schlangen. Über das Ufergeröll geht es zu unserer ersten Dschungelwanderung.
Es ist heiß und schwül. Der Schweiß rinnt. Zuerst zeigt Tony uns
ein großes Termitennest am
Baum, es ist wohl das größte im Manu-NP. Blattscheider-Ameisen,
Bananen und viele uns unbekannte Bäume und Pflanzen. Wir wollen zu
einem kleinen See. Der Weg ist oben teilweise so zugewuchert, dass
unsere 'Großen' die Köpfe einziehen müssen. Oft müssen wir über
Baum-stämme balancieren. Ich bin froh, wenn eine Stange als
psychologisches Geländer angebracht ist. Aber sonst ist sofort eine
helfende Hand da, meist die von Nestro, der wohl Anweisung von
Wilner hat, auf mich aufzupassen. Und immer wieder neue Baumstämme,
ich werde hier wohl noch zum Zirkusartisten.
See im Manu NP
Kurz vor dem See eine hochgiftige Schlage, doch zum Glück auch
tot. Der Ranger Emilio hat sie
wohl gestern enthauptet und sie stinkt schon ein bisschen vor sich
hin. Am See heißt es um-steigen auf 3 kleine Flöße. Wir (Monika,
Sabine, Susanne und ich) sind der 'Amazonendampfer' oder auch das
'Zickenschiff'.
'Amazonendampfer' oder 'Zickenschiff'
Auf dem letzten Floß sind Manni und ich und als Kapitän Tony.
Wir kommen auch erst ganz gut
voran. Dann hängen wir aber anscheinend fest und Tony quält und
quält sich, um uns wieder flott
zu kriegen. Manfred und ich bewegen uns nicht, sonst würden wir
kentern. Letztendlich muss Tony aber ins Wasser, es geht ihm bis zu
den Kniekehlen. Das Gelächter der anderen ist groß. Er
schiebt das Floß an und weiter geht’s.
Wir schließen zum Rest der Gruppe auf, die schon auf uns
gewartet hat. Da kommen uns 3
Parkranger entgegen. Zwei davon mit einer Langwaffe, einer mit einem
Revolver bewaffnet. Sie
waren wohl auf Patrouille. Im Wald begegnen uns einige Jugendliche,
sie ziehen gerade einen
gefällten ca. 8 m langen und 40 cm dicken Baumstamm mit einer Leine
hinter sich her. Eine mörderische Arbeit. Wir sehen auch einige
Vögel und vier Affen lassen sich auch blicken.
Wir wollen noch ein Wasserschwein besuchen, aber es lässt sich nicht blicken. Ich hätte als Kapibara ja auch besseres zu tun, als mich von den blöden Touris begaffen zu lassen. Durch Matsch und über Baumstämme geht es wieder zurück zum Boot. Da hat unser Koch Timotheo schon unseren Lunch ferig. Aber ich habe keinen Hunger, nur Durst.
Bootsübernahme in Atalaya
Einsteigen, es geht weiter. Der Blick nach vorn scheint
unwirklich, mehrere hundert Meter freie
Sicht und ein Wahnsinnsgefälle. Der Fluss sieht aus, als ob es steil
bergab geht. Was ich sehe erscheint mir unwirklich, ich schaue nach
vorn, zur Seite, nach hinten. Aber es bleibt, wie es ist.
Nach vorne geht’s steil bergab. Ich mache Mechtild darauf aufmerksam
und sie bestätigt das, was
ich sehe. Auf meinen Wunsch beobachtet Rainer dann seinen
Höhenmesser. Nach 10 Minuten
Fahrt sind wir bereits 60 m tiefer. Wenn ich es nicht selbst erlebt
hätte, ich würde es nicht glauben.
Es geht auch an einer Bananenplantage vorbei, auf der gerade
geerntet wird. Plötzlich Regen,
aber nur auf der linken Seite des Bootes, rechts scheint die Sonne.
Irre. Schneller als erwartet
kommen wir in Shintuya an. In diesem Dorf scheint die Zeit
stehengeblieben zu sein.
Nach einem kurzen Fußmarsch finden wir unsere Lodge. Luftig, sauber, schöne Zimmer mit Moskitonetzen, Duschen und sogar weißen Handtüchern. Unsere Mannschaft schleppt sich noch mit unserem Gepäck ab (alles zu Fuß), während wir schon ein Bierchen trinken, leider pisswarm.
Lodge in Shintuya
So langsam wird es dunkel. Es werden Kerzen auf den Tisch gestellt. Heute Abend gibt es Maissuppe, dann Nudeln mit Lomo Saltado, typisch für Peru. Der Abend wird wie gewohnt lustig. Rainer holt wieder Zigarren, Tony und Wilner rauchen auch, obwohl Wilner Angst um seine Potenz hat. Das sorgt natürlich für Frozzeleien. Die Rumflasche unserer Zwillinge ist schnell leer. Monika sorgt für Nachschub und ist aus diesem Grund heute Wilners Lieblingsfrau.
Seit heute Nachmittag regnet es. Und wenn es im Regenwald regnet, dann regnet es wirklich. Völlig untypisch für diese Jahreszeit ist nur, dass es nicht wieder aufhört. Bis nachts um 3 schüt-tet es. Da wird der Fluss morgen vielleicht so angestiegen sein, dass wir direkt vor der Hütte ein-steigen können und nicht zum Boot laufen brauchen.
Mit der nötigen Bettschwere verkriechen wir uns unter unsere Moskitonetze. Dem stark rauschenden Regen zu lauschen lässt uns schnell einschlafen.