Mythos Amazonien

... von der Quelle des Amazonas bis Manaus

Paranussbäume

Sena

Pick-Up-Fahrt nach Riberalta

Habe sehr gut geschlafen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie bequem die Feldbetten sind, ich hatte da ehrlich gesagt, so meine Bedenken. Den anderen geht es wohl ebenso, denn wir verschlafen alle. Eigentlich wollten wir schon um 06.00 Uhr frühstücken. Was soll's. Also beeilen wir uns ein bisschen. Zum Frühstück gibt es wieder die leckeren Pfannkuchen, und Tony ist sichtlich irritiert, als ich einen Nachschlag möchte, was er auf der Reise noch nie erlebt hat. Er fragt zweimal nach, ob es stimmt. „Si, mas“, auch meine Spanischkenntnisse werden besser.

Unser Fahrzeug zu den Paranuss-Bäumen

Danach wollen wir uns die Paranussbäume ansehen. Dazu fahren wir mit einem LKW mit Lade-fläche. Ich darf/muss ins Führerhaus. Verdammt hoch, das schaffe ich bestimmt nicht. Doch Bein hoch, festhalten, Friedel schiebt und hopp, bin ich drin. Ging viel besser, als ich dachte.

Die Piste ist rumpelig mit tiefen Schlaglöchern. Es geht in Schlangenlinien langsam voran. Ein Gatter muss aufgemacht werden. Die Brücke dahinter und auch die nächste sehen nicht beson-ders vertrauenswürdig aus, halten aber.

Bei einer Hütte halten wir an und wieder geht’s im Gänsemarsch in den Dschungel. Wir sind beeindruckt von der Höhe des Paranussbaumes (bis 50 m). „Schnell zurück, gefährlich!“ Hier wächst wohl eine giftige Pflanze. Lieber einen anderen Baum suchen. An diesem können wir auch die Hüllen der Paranüsse sehen, ungefähr so groß wie Kokosnüsse. Darin sind dann die eigentlichen Paranüsse versteckt.

Paranuss-Baum

Während der Erntezeit schlagen die Pflücker ihr Zelt bei den Bäumen auf. Die reifen Nüsse fallen ab und müssen geöffnet werden. Von jedem Baum werden jährlich 60 bis 70 kg Nüsse geerntet. Die Säcke voller Nüsse werden an den Weg gebracht, wo sie dann abgeholt und u.a. nach Ribe-ralta gebracht werden. Die Nüsse werden 1 bis 2 Wochen getrocknet und dann in Handarbeit einzeln geknackt. Das konnten wir ja am Lago Valencia schon sehen.

'Kleine' Reparaturarbeiten

Es geht wieder mit dem LKW zurück. Unser Fahrer trägt rechts einen Flip-Flop, und links ist er barfuß. Doch es gibt Probleme mit der Achse. Immer wieder müssen unserer Fahrer und sein Helfer 'etwas richten'. Es geht ein Stück weiter und dann erneuter Stopp. Dann das endgültige Aus. Alle Mann absteigen und zu Fuß weiter. Wilner hatte uns ja Abenteuer versprochen. Doch kurz vor der Hazienda holt uns der LKW wieder ein, und die Fahrt geht weiter.

Unser Boot wartet schon, und Timotheo hat eine große Kanne Saft bereitet. Danke schön, das
können wir jetzt gut gebrauchen. Heute sind es 'nur' 3 Stunden Bootsfahrt bis Sena. Aber die Fahrt vergeht zügig. Immer wieder Saft oder Kekse, und auch das Mittagessen wird an Bord eingenommen.

Doch dann landen wir auf einer Sandbank. Der Fluss ist sehr schwierig zu befahren und stellen-weise sehr flach. Raoul muss aus dem Boot. Er schaukelt das Boot hin und her, schiebt und
schiebt, aber nichts rührt sich. Es hilft alles nichts, Tony muss auch ran. Und die anderen Männer
rechnen auch schon damit, dass sie auch aus dem Boot müssen. Kein schöner Gedanke, da es
hier die unangenehmen Stachelrochen gibt. Aber Raoul und Tony schaffen es und die Fahrt geht
weiter. Schon bald ist Sena in Sicht. Dort verabschieden wir uns von Kapitän und Steuermann und auch unser Koch Timo bekommt nun sein Abschiedsküsschen. Die drei haben gute Arbeit geleistet und sich ein anständiges Trinkgeld verdient.

Sena

Sena macht einen verschlafenen Eindruck. Vom Motorkanu müssen wir ein Stück steil bergauf.  In einem kleinen Restaurant heißt es erstmal Flüssigkeit aufnehmen. Die Toiletten sind gut ver-steckt und ziemlich weit weg. Laut Programm geht es jetzt mit einem Pick up weiter. Vor dem Restaurant steht ein blauer Pick up, der aber auf mich nicht unbedingt den besten Eindruck
macht. Wie sich kurz darauf herausstellt, ist es unser Fahrzeug. Und unser Gepäck wird auch schon aufgeladen.

Monika und ich dürfen vorn einsteigen (weil wir die beiden ältesten Frauen sind?). Alle anderen und das Gepäck haben Freiluftfahrt. Auch eine Indigena fährt noch mit. Der Pick up rumpelt in einer Staubwolke los. Da sind Monika und ich doch froh, dass wir nicht so viel Staub schlucken müssen. Unser Fahrer fährt sehr konzentriert und zieht dabei ab und zu die Oberlippe wie ein Häschen über die Unterlippe.

Wir anderen Elf (eine Freundin des Fahrers fährt auch noch mit) müssen auf die Ladefläche. Zwei Sitzbretter für je 4 Personen sind quer zur Fahrtrichtung angebracht. Ich sitze vorne links, über bzw. hinter dem Fahrer, außerdem Wieland, die Freundin des Fahrers und Hans. Auf dem zweiten Brett Manfred, Wilner, Marion und Rainer. Und unsere beiden Nesthäkchen Susanne und Sabine dahinter quer auf dem Gepäck. Auch Tony muss noch dazu, dann geht’s los. Im Ort geht es erstmal steil bergauf. Oben geht es dann auf einer zweispurigen Staubpiste weiter. Bei der Polizeistation wird noch eine Durchfahrgenehmigung geholt und auch ein Reservereifen muss noch mit. Anfangs kommen uns noch etliche Fahrzeuge entgegen. Riesige Staubwolken hinter sich herziehend. Ich gewöhne mir an, vor der Begegnung ein paar mal ganz tief ein- und auszuatmen und dann die Luft anzuhalten und ganz langsam auszuatmen. Dann hat sich der allergrößte Staub verzogen.

Die Landschaft ist wieder mal imposant. Die geschätzte Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 – 80
km/h. Schlaglöcher in der Piste machen das Ganze auch für den Fahrer wahrlich nicht einfach. Wir ziehen eine riesige Staubwolke hinter uns her. Und wenn wir mal ein Fahrzeug überholen, müssen wir von diesem auch eine Menge Staub schlucken. Der Fahrtwind ist bei dieser Geschwindigkeit schon enorm. Und immer aufpassen. Schlenker, Kurven, Wellen, Schlaglöcher müssen von uns ausbalanciert werden. Das ist schon ganz schön abenteuerlich. Die Sonne brennt zwar, aber das merke ich nur, wenn der Fahrer wegen einer Bodenwelle mal ganz langsam fährt, sonst kühlt der Fahrtwind.

Fähre

Nach über 2 Stunden Fahrt der erste Stopp an der Fähre. Die Fähre (hat sie diesen Namen
wirklich verdient?) ist noch am anderen Ufer, es dauert also etwas.

Alle erstmal runter vom Fahrzeug und Beine vertreten. Oh weh, unsere Zwillinge. Susanne und
Sabine sind nur noch an ihren roten Haaren zu erkennen. Alles andere, Gesicht, T-Shirt und Hose, total eingestaubt und ebenfalls rot. Sie könnten jetzt glatt als Häuptlingstöchter 'Rote Sonne' und 'Roter Mond' durchgehen. Bei den Männern und natürlich auch bei mir ein breites Grinsen. Tja, wer den Schaden hat.......

Die Fähre ist ganz schön abenteuerlich. Ein Schlepper zieht die eigentliche Fähre über den Fluss.
Verbunden sind beide durch 2 PVC-Seile (!). Aber es hält.

Susanne hat sich im Fluss gewaschen, aber das bessert ihren Anblick kaum. Der rote Staub hat
sich besonders um die Augen festgesetzt und sie hat jetzt deutliche Augenringe. Gut dass wir wissen, wie solide sie ist, sonst kämen wir auf krumme Gedanken. Die Fähre ist besser als sie aussieht und bringt uns sicher über den Fluss. Dann heißt es erstmal wieder laufen, da der Pick up
voll beladen wohl nicht den Berg hochkommt. Dann wieder auf- und einsteigen, gleiche Sitzordnung, die Hatz geht weiter. Noch ca. 2 ½ Stunden lang. Keiner - zu meiner Schande muss ich eingestehen, ich auch nicht - hat unseren 'Häuptlingstöchtern' einen Sitzplatz in Reihe 1 oder 2 angeboten. Sorry! (Ist wirklich ehrlich gemeint.)

Staubpiste

Ich habe für den Rest der Fahrt meine Gletscherbrille hervorgekramt und aufgesetzt. Zwischen Brillenrand und Augen ist jetzt alles dicht. Der Fahrtwind ist doch erbärmlich. So geht es ent-schieden besser. Im Moment ist es auch nicht mehr ganz so schlimm. Es scheint heute im Laufe des Vormittags heftig geregnet zu haben. Die Piste ist nass und staubt daher kaum. Marion hat sich übrigens ein Tuch über Nase und Mund gebunden.

Links und rechts der Straße sind viele abgefackelte Flächen zu sehen, die wohl in der nächsten Zeit als Weideland genutzt werden sollen. Die Ortschaften, durch die es geht, haben eine eigene Barriere als Geschwindigkeitsbegrenzung erfunden. Einfache Kant- oder Rundhölzer auf die Straße gelegt, mal rechts mal links. Die Straße kann also nur im Zick-Zack durchfahren werden. Eine einfache aber wirkungsvolle Methode.

Der Rest der Fahrt geht dann problemlos von statten, auch wenn das funzelige Licht kaum 3 m die Straße beleuchtet. Und Riberalta ist noch immer nicht in Sicht. Als Manni durch Klopfen auf das Fahrerdach eine Pinkelpause beantragt, sind es laut Fahrer nur noch 10 Minuten bis zum Ziel. Und wirklich, nach ca. 15 Minuten stehen wir am 'Schlagbaum', bzw. einer Kette. Wir können passieren und sind in Riberalta. Es stinkt erbärmlich nach abgefackelten Feldern, Auspuffgasen und dazu noch die schwüle, heiße Luft. Und Mopeds, Mopeds, Mopeds. Autos sind eher selten.

Nach der Pick-Up-Fahrt

Doch wir werden heil und sicher in unserem tollen Kolonial-Hotel abgeliefert. Die Hotels auf dieser Reise sind wirklich eine Überraschung – eine sehr positive. Erstmal eine warme Dusche. Jede Menge rotes Wasser fließt in den Ablauf. Das warme Wasser ist ein Genuss. Wie mag's bei den Mädels aussehen? Alle duschen ausgiebig und viele stellen fest, dass es trotzdem nicht ausreicht und die Handtücher verfärbt sind. Obwohl es hier vorausschauend mal keine weißen Handtücher gibt.

Zum Abendessen gehen wir an die Plaza. Hunderte von Mofas, teils mit bis zu 4 Personen besetzt,
umrunden den Platz. Ein höllischer Lärm, aber wohl das allgemeine Sonntagsvergnügen. Erst gegen 10.00 Uhr wird es etwas ruhiger. Wir möchten gern Pina Colada, aber die gibt es nicht mehr. Also einen für die Region typischen Saft. Dieser entpuppt sich dann unter großem Gelächter als Bananenmilch, zwar lecker, aber doch wohl nicht typisch. Da gönne ich mir doch lieber noch ein Cervezas, allein nur wegen der Flüssigkeit.

Ich finde dann doch noch einen für die Gegend typischen Saft und bestelle auch ein Steak. Das
Steak ist riesig, hat aber auch einiges an Speck zu bieten. Da Speck aber nicht so meine Sache
ist, muss ich ein bisschen mehr mit dem Messer schnippeln.

Unsere Häuptlingstöchter sind auch wieder zu erkennen und gehen mit Monika, Wieland und Wilner noch in eine Disco. Wir anderen machen uns auf zum Hotel, morgen geht es ja ziemlich früh zur Besichtigung der Paranussfabrik.

Die Klimaanlage im Hotel schnurrt, und wir können gut schlafen.

Nächster Tag