Heute Morgen gibt es erstmal eine negative Überraschung. Aus dem
Hahn kommt kein Wasser.
Pech! Also erstmal zum Frühstück. Das ist dafür Spitzenklasse.
Frisches Obst, frische Säfte, leckeres Brot.
Mofataxi
Rainer, Marion, Wieland, Friedel und ich möchten die
Paranussfabrik besichtigen. Ein Taxi soll uns hinbringen, aber nix.
Kein normales Taxi zu bekommen. Wilner ordert Mofa-Taxis. Hätte
ich auch nicht gedacht, dass ich mit fast 60 Jahren das erste Mal
im Leben als Motorbraut durch Riberalta flitze. Friedel macht
schnell noch ein Doku-Foto, damit unsere Kinder diese Aktion
auch glauben. Aber es macht sogar ein bisschen Spaß. Obwohl
ich mich fest an meinen Fahrer klammere. Hoffentlich bekommt er
keine blauen Flecken am Bauch. Die Fahrt kostet 3 ½ Bolis, aber
er bekommt natürlich auch ein gutes Trinkgeld.
Bei der Paranussfabrik heißt es mal wieder warten bis der
Vorarbeiter kommt. Dieser führt uns
dann zuerst ins Lager. Sieht auf den ersten Blick aus wie in einer
Kohlenhandlung, riesige Berge
von Paranüssen, die aber alle schon aus ihren großen runden Schalen
befreit sind. Die Nüsse
werden dann mit Schubkarren auf ein Rüttelband geschaufelt, von dort
geht es weiter über Siebe mit verschieden großen Löchern. Dadurch
werden die Paranüsse sortiert, erst fallen die kleinen, dann die
mittleren und dann die großen Nüsse durch die entsprechenden
Öffnungen und rutschen seitwärts in die eingehängten Säcke. Jeder
dieser Säcke fasst 50 kg. Und es wird noch weiter sortiert.Im Moment
ist wohl die automatische Maschine zum Schale entfernen defekt,
alles wieder Handarbeit. Nuss für Nuss. Das muss man gesehen haben.
In der Paranuss-Fabrik
In dieser Fabrik arbeiten ca. 250 Menschen. Es
ist ein Privatbetrieb, der in 3 Schichten arbeitet.
Er ist wohl der größte in Bolivien. Paranüsse
wachsen in Peru, Ecuador, Brasilien und
Bolivien, doch Bolivien ist der größte Produzent.
Der Paranussbaum wächst nur wild und lässt
sich nicht auf Plantagen anbauen. Die Erntezeit
ist zwar nur von Oktober bis ca. Februar, aber
durch die massenweise Anlieferung hat diese
Fabrik das ganze Jahr über Arbeit. Ich möchte
natürlich gern wissen, was ein Arbeiter hier so
ungefähr verdient, aber meine Frage wird nicht
beant-wortet. Darüber wird nicht gesprochen. Ich
habe aber auch Verständnis dafür.
Immer wieder Kontrollen
Um die eigentliche Weiterverarbeitung der Paranüsse zu sehen, müssen wir Schutzkleidung anziehen und unsere Hände desinfizieren. Fotografieren dürfen wir aber. Es gibt etliche Qualitätskriterien. Unter UV-Licht wird kontrolliert, ob die Nüsse evtl. durch Pilze befallen sind. Und immer wieder wird aussortiert. Ich weiß nur, ich werde jede Paranuss jetzt ganz bewusst essen und nie mehr denken, wie teuer doch die Nüsse sind. Es war auf jeden Fall eine interessante und lohnenswerte Besichtigung.
Zurück geht’s wieder flott mit dem Mofa. Aber die Gruppe wartet trotzdem schon. Vier Taxen stehen bereit. Alles einladen und los geht’s. Natürlich wieder mit Staubwolken.
In unserem Fahrzeug sind Mechtild, Marion und ich. Einen
Außenspiegel an der Fahrerseite gibt
es nicht. An Kreuzungen abbiegen bedeutet, linke Hand aus dem
Fenster und Richtung anzeigen. Das funkioniert erstaunlich gut, und
ich habe mich inzwischen daran gewöhnt. Kurz hinter Riberalta
beginnt mal wieder eine Straßenbaustelle. Die Tempobegrenzung auf 40
km/h interessiert keinen, auch unser Fahrer hält sich nicht daran.
Die Fahrbahn aus roter Erde lässt sich gut befahren, und so sind die
gefahrenen 100 km/h auch gut zu ertragen. Auf beiden Seiten der
Straße sind auch wieder abgefackelte Felder zu sehen.
Wechselstube an der Grenze zu Brasilien
Als wir im Grenzbereich ankommen, sammeln
sich alle Autos um gemeinsam zur
Grenzstation in Guayaramerin/Boliven zu
fahren. Hier müssen Reise-und Impfpässe
abgegeben werden. Alles wird kopiert und
dauert. Dann können wir weiter zum nächsten
Gebäude, Geld umwechseln. Die
brasilianische Währung ist der Real. (= ca. 0,5
$). An Tischen sitzen etwa 8 Geldwechsler.
Ganz unkompliziert geht das hier. Außerdem
soll der Kurs hier günstiger sein, und sie
nehmen sogar das Kleingeld.
Brasilien
Über eine lange Treppe hieven wir unser Gepäck auf eine kleine
Fähre. Der 'Kapitän' scheucht uns
hin und her, bis alles (Gepäck und Personen) zu seiner Zufriedenheit
verteilt ist. Dann geht’s los
und schwupps sind wir in Guajara-Mirim/Brasilien. Der Kontrast ist
auffallend. Vom armen Bolivien ins reiche Brasilien. Klimaanlagen,
asphaltierte Straßen. Zuerst zum Zoll. Und wie nicht anders zu
erwarten war, Formulare, Formulare. Auch müssen wir auf einem
Formular ange-ben, dass wir keine Schweinegrippe haben. Mit 3
Taxen (auch hier ein gravierender Unter-schied) fahren wir zur
Einwanderungsbehörde, um unseren Stempel zu holen. Es dauert, da ist
kein Unterschied zu den anderen Ländern zu bemerken. Aber es
gibt eine Klimaanlage. Die Security lässt uns rein. Innen dann
mehrere gelangweilte Beamte. Wilner erklärt, worum es geht. Doch der
Blick des Beamten geht erstmal zu seiner Armbanduhr. Reisepässe und
Beschei-nigungen über Gelbfieberimpung werden wieder eingesammelt.
Der Beamte schaut sich alles mit großer Ruhe an, unterhält sich mit
seinem Kollegen. Alles in allem dauert die Prozedur (2 peruanische,
2 österreichische und 8 deutsche Pässe) ca. 45 Minuten. Eigentlich
doch eine ganz annehmbare Zeit, oder?
Wilner hat sein 'schweinisches' T-Shirt wieder an. Als ich ihn
frage, ob er das auch nächstes Jahr
mit nach Deutschland bringt, meint er, dass die Leute das ja doch
nicht verstehen. Ich sage ihm,
dass das Bild ja wohl eindeutig genug ist. Aber er könne ja noch ein
rotes Kreuz dazu malen und
sagen, es sei Wiederbelebung. Daraufhin fragt Wilner einen der
brasilianischen Angestellten, ob er weiß, was auf dem Bild ist.
Dieser nickt und lacht und würde sogar das T-Shirt mit seinem Hemd
tauschen. Aber Wilner will lieber mit Manni tauschen, doch dieser
meint, dann würden seine Bekannten sagen, er sei total bekloppt.
Endlich haben alle ihren Einreisestempel. Jetzt sind es 'nur' noch 4 Stunden bis Porto Velo. Wilner hat uns vor Beginn der Fahrt noch darüber informiert, dass wegen der Schweinegrippe (wie sollte es auch anders sein) die Klimaanlagen nicht angestellt werden dürfen. Wie ich diese Schweinegrippe inzwischen hasse. Also Fenster runter, Durchzug und los. Das Auto erscheint uns ziemlich eng und ist voll bepackt.
Brasiliens Straßen sind durchgehend asphaltiert und mit sehr
langen Geraden gut zu befahren.
Unsere Straße ist zweispurig und der Verkehr gering. Es ist fast
konstant das Tempo 100 – 110
km/h möglich. Einzig die Bodenwellen stören den Lauf. Unser Fahrer
mit italienischen Vorfahren setzt dann auch bei diesen Bodenwellen
etliche Male auf. Also erstmal mehr Luft auf die Reifen und dann
jede Bodenwelle seitlich anfahren. Die Stoßdämpfer und Federn werden
stark beansprucht.
Es sind massenhaft Palmen zu sehen, einzeln oder auch als Palmenwald. Weideland, kleine Badeseen, Faciendas. Vom Auto aus sieht alles sehr gut aus. Rinderherden, wobei auch hier die Rinder wohl hauptsächlich wegen des Fleisches gehalten werden. Die Tiere sehen zwar nicht wohlgenährt aus, aber das ist hier anscheinend normal.
Unterwegs gibt es nur eine kleine Pause. Es gab Stress, als die
Fahrer hörten, dass wir unterwegs
essen wollten. Das war wohl nicht abgesprochen. Also, ein
Kompromiss, ein kürzerer Aufenthalt.
Meine Knie stoßen bei jedem Hubbel unter das Armaturenbrett und tun
inzwischen höllisch weh.
Alle sind froh, als wir endlich in Porto Velho ankommen.
Hafen von Porto Velho
Doch bevor es ins Hotel geht, noch schnell zum Hafen. Unser
Schiff liegt dort bereits und einige
wollen sich die Kabinen angucken. Ist eine Kabine wohl besser, oder
schläft man in der Hänge-matte? Eine Kabine, die sehr klein und ohne
Fenster ist, soll für die Fahrt 250 $ kosten. Ein stolzer Preis,
kostet doch die Fahrt auf dem Schiff mit Hängematten ein Vielfaches
weniger. Das Ergebnis der Besichtigung ist, dass wir alle gemeinsam
eine Kabine mieten, in der das Gepäck untergebracht wird. So
brauchen wir uns darum keine Sorge zu machen. Auch können wir abends
die Kamerasdort einschließen. Schlafen werden wir alle in
Hängematten.
In unserem Hotel mit funktonierender Klimaanlage und Dusche
machen wir uns frisch und sind
schnell wieder unternehmungslustig.
Dann wollen wir zum Essen. Das Lokal, das Wilner ausgesucht hat,
hat ausgerechnet heute mal
geschlossen, da die Toiletten nicht funktionieren. Das nächste Lokal
– auch zu. Aber wir finden
noch einen Italiener, der sehr ordentlich aussieht.
Wir bestellen, aber es dauert eine Ewigkeit, bis die Bestellungen
aufgenommen werden, obwohl
sehr viel Personal im Lokal rumsteht. Es dauert lange, bis
unsere Cola kommt und der später bestellte Saft (Caya) und der Caipi
sind auch nicht schneller. Aber jeder dieser Kerle versucht
wohl, sich vor der Arbeit zu drücken. Auch das Essen dauert. Zudem
hat Manni nicht mitbekommen, dass viele Portionen für 2 Personen
sind. Als sein Essen endlich kommt, hat er buchstäblich ein
Riesenproblem, zumal er wohl auch noch das von Wilner bestellte
Essen bekommen hat. Eine Platte frittierte Früchte und Fritten (für
2 Personen), eine Platte gemischter Salat und eine Platte Fleisch,
auch wieder mit Fritten und für 2 Personen. So sehr er auch kämpft,
es ist nicht zu schaffen. Wir alle lachen, aber er ist sichtlich
angefressen. Wir haben mit dem Essen Glück, der Fisch den wir
bestellt haben, ist sehr lecker.
Mannis Kampf mit den großen Portionen
Beim Bezahlen wieder die alte Leier. Gesamtrechnung! Wilner
klamüsert alles auseinander, die
Bedienung ist dazu wohl nicht in der Lage und bekommt nichts
geregelt. Mittlerweile sind Wilner und 2 Angestellte am Rechnen. Sie
trauen Wilner anscheinend nicht mehr zu, wie sich selbst. Nach
längerem Hin und Her scheint alles geregelt. Doch das Personal läuft
Wilner später nach und will noch Geld. Er soll sein Essen, das er ja
nicht bekommen hat, bezahlen. Wer bestellt muss auch bezahlen, egal,
ob er gegessen hat oder nicht. Ist doch auch ein Argument. Hier wird
Wilner mit einer Gruppe wohl so schnell nicht wieder aufkreuzen.
Das Essen war gut, nur der Service war sehr speziell.
Wir lassen uns dann von einem Taxi noch in ein Straßencafe (Bar
360°) fahren, die bekannt ist für
ihre guten Caipis. Die Bedienung ist nett, freundlich und relativ
schnell. Wir bleiben lange, bis wir
die letzten Gäste sind. Das Bedienungspersonal des Lokals setzt sich
zusammen und beobachtet
uns. Auf einmal rufen sie: „Amigos-de-puro“, sie haben wohl
mitbekommen, dass das inzwischen
ein geflügeltes Wort für uns ist. Aber auch der lustigste Abend hat
mal ein Ende und so sind wir
gegen 01.30 Uhr wieder im Hotel.