Ja, jetzt habe ich also die erste Nacht meines Lebens in einer
Hängematte auf einem fahrenden
Schiff verbracht. Ich habe zwar nicht richtig fest geschlafen, aber
es ging doch ganz gut.
Pünktlich zu einem wunderbaren
Sonnenaufgang werden wir wach. Der
Sonnenaufgang ist wirklich toll und ich
mache erstmal ein paar Fotos. Manniwar schon frühstücken: „Eier mit
Speck, Bohnensandwiches, Kekse.“
Erwartungsvoll gehen wir nach unten.
Frühstücksbuffet
Hier hat Manni wohl nicht gefrühstückt.
Es gibt nur Kekse und Kaffee mit und
ohne Milch. Ziem-lich mager. Als ich
Manni sage, dass er uns morgen aber
nicht die die ganzen Eier wegfuttern
soll, grinst er nur. Seine Irreführung hat
geklappt.
Ich bin erstaunt, als ich sehe, dass Hans auf einer Matte geschlafen hat. Aber Hans ist wirklich zu groß für die Hängematte, und so kommt die Matratze aus der Kabine doch noch zum Einsatz. Wilner will mir auch die andere Matte hoch holen, aber ich habe in der Hängematte prima ge-schlafen.
So nach und nach werden auch die anderen von unserer Gruppe wach. Und auch die Musikanlage dröhnt schon wieder, zum Glück augenblicklich mit etwas reduzierter Lautstärke. Der Rio Madeira fließt sehr ruhig dahin. Immer wieder riesige Sandbänke. Der Kapitän muss wegen der Untiefen immer wieder die Fahrrinne wechseln. Bis zum Mündungsdelta bei Belem dürften es noch gut 2000 km sein. Im Moment sind wir höhenmäßig bei 315 m. Und immer noch jede Menge Goldsucher. Das muss für die Bosse wohl ein sehr einträgliches Geschäft sein. Im Gegensatz zu den armen Schluckern hier vor Ort.
Ab und zu ein Boot
Ab und zu begegnet uns ein kleines Motorkanu. An der Uferböschung jede Menge weiße Ibisse. Gelegentlich ein paar Hütten. Ansonsten Natur pur. Ohne die laute Musik wäre es noch besser. Die Sonne brennt auch wieder. Die Decksplanken sind barfuß nicht zu begehen. Selbst die Handläufe aus Holz kann man kaum anfassen. Gut, dass wenigstens der Fahrtwind ein wenig kühlt und ich mich in den Schatten verkriechen kann.
Mein kleiner brasilianischer Freund vom Zwischendeck lacht immer und schneidet Fratzen wenn er mich sieht. Seine Eltern kommen und fragen,ob sie mich mit ihm fotografieren dürfen, und schon sitzt der süße Fratz auf meinem Schoß.
Der Vormittag vergeht gähnend langsam. Viel reden kann man nicht, die Musik dröhnt schon wieder aus den Boxen. Monika erreicht mit zähen Verhandlungen (wir trinken ja viel Bier), dass zumindest mal ½ Stunde Ruhe sein soll. Aber nach 15 Minuten geht’s bereits wieder los.
Beim Mittagessen stehen wir wieder in einer Schlange. Es gibt für jeden einen Teller mit Rind-fleisch und Bohnen, Reis, Spaghetti und Tomaten. Es schmeckt ein kleines bisschen besser als gestern Abend, aber trotzdem nicht gut.
Rio Madeira
Der Rio Madeira ist jetzt etwa 1.000 bis 1.200 m breit. Die
Lastkähne, beladen mit Containern,
LKW's und Aufliegern werden jetzt mehr. Wie schnell wir fahren, kann
ich nicht herausbe-kommen. Ist wohl auch schwer zu sagen, teilweise
müssen wir fast Schritttempo fahren. Ein Einheimischer versucht,
mich in ein Gespräch zu verwickeln, aber selbst Wieland, der ja
spanisch spricht, kann dessen Portugiesisch nicht versehen. Er will
aber wohl meine Adresse. Ich schreibe ihm Hamburg, Elbchaussee und
eine Fantasie-Telefonnummer auf.
Die Musik dröhnt. Der Typ ist keinen Argumenten zugänglich und hat nicht nur ein, sondern mindestens 20 Bretter vor dem Kopf. Manni tröstet mich, dass ich ja wenigstens die Hörgeräte abstellen kann. Recht hat er. Doch alle sind von der lauten Musik genervt. Und morgen noch ein Tag.
Der nächste Tropenschauer. Die Sonne scheint weiter, aber es
schüttet wie aus Kübeln. Selbst das
ist eine willkommene Abwechslung. Vorn auf dem Schiff wird ein
kleiner Wonneproppen gebadet.
Wie alle Kinder dieser Welt schlürft er erstmal Badewasser. Der Tag
vergeht zäh wie Kaugummi.
Die 'Musik' wird auch immer schlimmer und schriller. Aber wir werden
das noch zwei Nächte und
einen Tag aushalten müssen.
Zum Abendessen gibt es das Gleiche wie zu Mittag. Zunehmen werden
wir auf diesem Traumschiff
wohl eher nicht. Wir liegen alle früh in den Hängematten, doch der
Krach hindert uns am Schlafen. Dann steht das Schiff und ich habe
das Gefühl, dass wir von einem anderen Boot wieder angestupst oder
angeschoben werden. Am nächsten Tag erfahren wir, dass das Boot
heute Nacht fast auf Grund gelaufen wäre und buchstäblich im letzten
Augenblick wieder in die Fahrrinne kam.