Trekking-Programm:
Wecken ist für 06.30 Uhr angesagt, Frühstück 07.00 Uhr. Die
Nacht war nicht gut. Kopfschmerzen, innere Unruhe, schlecht bzw.
kaum geschlafen. Der Schlafsack war aber gut. Gefroren habe ich
nicht. Auch die Luftmatratze war bequem. Somit habe ich zumindest
gut gelegen. Als ich mich nach dem Wecken recke und strecke, ich
hatte übrigens wegen meiner Größe ein Einzelzelt, stelle ich
erstaunt fest, dass die Zeltwände komplett vereist sind. In der
Nacht müssen die Temperaturen bis auf Minus 12 bis 15 ° C gefallen
sein. Auch für mich ein neuer Kälterekord beim Trekking. So richtig
Lust auf Frühstück habe ich nicht. Aber Energiezufuhr muss ja sein.
Brühe mir auch 2 Tassen Coca-Tee auf. Dann wieder den Rucksack
packen. Der heutige Tag soll leichter sein als der gestrige. Mal
sehen.
Beim Angeln gestern kreuzte auch ein Junge auf, vielleicht so
10 Jahre alt. Die Steinhütte seiner
Eltern lag etwa 500 m von unserem Zeltplatz entfernt. Der Junge
hatte zwei Hunde dabei. Bei zwei Hunden hat wohl der Jaguar Skrupel
anzugreifen. Zwei Hunde sind dann wirklich ein Hund zuviel. Da es
hier aber weit und breit keine Ansiedlung, geschweige denn eine
Schule gibt, müsste dieser Junge jeden Tag mindestens ca. 5 Std. zur
Schule laufen. Dazu die Unterrichtszeit und der Rückweg. Wie lange
wird ein Kind, bzw. werden die Eltern dieses überhaupt mitmachen.
Somit ist der weitere Lebensweg bereits klar vorgezeichnet.
Andererseits kennen diese Menschen es seit Generationen auch nicht
anders. Ob sie damit glücklich oder unglücklich sind? Ich kann es
nicht beurteilen, ich kann mir nur meine Gedanken machen und komme
sicherlich des öfteren ins Grübeln.
Sauerstoff
Vor dem Abmarsch probiert Rainer mal kurz die neue
Sauerstoffflasche
aus. Und die Sauer-stoffzufuhr bekommt ihm gut. Dann also auf zum
nächsten Etappenziel. Der Weg geht über Geröll leicht bergauf und
auch mal wieder bergab. Lamas, Alpakas, Andengänse zuhauf. Wie
schon so oft, außer uns keine anderen Menschen. Nach rd. 1 ½
Stunden dann die erste Pause. Wenn ich ehrlich sein soll, muss ich
sagen, die Pause tut seeehr guuuut. Wieland und Rainer nutzen an
diesem Tag mehrfach das kleine Andenpferd. Diese Andenperde haben
ein sehr großes Herz. Europäische Pferde würden sich in dieser Höhe
wohl sehr schnell 'strecken', aufgrund ihrer 'normalen' Herzen.
Zu Beginn des Anstiegs hatte ich mir vorgenommen, 100
Schritte
rechts, 100 Schritte links, dann Pause. Ich habe es sogar ein oder
zweimal geschafft. Musste dann aber radikal re-duzieren, über 50/50
auf
30/30 und letztendlich noch weniger. Hinter unserem Bergguide
herzugehen musste ich dann auch drangeben. Blieben als
'Orientierungspunkte' also nur noch Marion und Manfred. Der innere
Schweinehund wird auch immer größer und kräftiger. Sein Argument
lautet: „Gib erstmal den
Rucksack ab, dann wird vieles leichter!“ Ich habe mitterweile also
doppelt zu kämpfen.
Weitergehen und der inneren Versuchung zu widerstehen. Die
Spiegelreflex habe ich zwar mitgeschleppt, sie aber nicht ausgepackt
und Fotos geschossen. Ich bin einfach zu platt. Der Kraftaufwand ist
mir zu groß. Heute lache ich darüber und bedaure, keine Fotos
gemacht zu haben. Aber die Situation war eben nun mal so.
Die Höhenmesser von Manfred und Rainer pendeln auch nur ganz
langsam nach oben. Daran
zeigt sich dann: Es geht zwar nach oben, aber verdammt langsam. Und
jeder Schritt ist schwer.
Mittlerweile stelle ich mir immer öfters die Frage: 'Warum tue ich
mir das an?' Und ich bezahle ja
auch noch richtig Kohle dafür. Aber es war ja meine Entscheidung.
Mittlerweile ist es bei mir auch eine Sache der Psyche. Will ich,
oder will ich nicht oben ankommen? Noch will ich. Wir befinden uns
im Moment etwa im 4.800 m-Bereich. Der Blick ist einfach nur auf die
Füße gerichtet. Was rechts und links ist, interessiert mich nicht.
Die Atmung ist schwer. Ich wage nicht daran zu denken, wie es ohne
Stöcke wäre. Als ich dann bei einer Pause doch mal den Blick
schweifen lasse, sehe ich Schafe, Kühe und Alpakas. Wobei die Kühe
in erster Linie als Fleisch- und nicht als Milchkühe gehalten
werden. Ich befinde mich jetzt auf einer Höhe von 4.900 m.
Und immer noch kein Ende in Sicht. Ich habe mich seit
geraumer Zeit an Marion gehangen und
versuche, nicht abreißen zu lassen. Bei einer gemeinsamen Pause sagt
Marion nur: „Nimmt das
denn gar kein Ende?“ Ich bin erfreut zu hören, dass auch Marion am
Kämpfen ist. Mein innerer
Schweinehund wird größer und größer. Aber noch bin ich Chef. Dann
endlich, ich will gerade wieder pausen, sehe ich Wieland an einem
Felsbrocken sitzen. Er muss also auf der Passhöhe Quewisha sein.
Also keine Pause und durchgehen. Es sind noch etwa 50 m. Ich kämpfe
mich die letzten Meter nach oben. Oben angekommen bin ich fix und
alle, innerlich aber glücklich, es geschafft zu haben. Marion kommt
fast gleichzeitig mit mir oben an. Und Manfred kommt auch kurz
danach. Alle sind platt. Klar ist, ohne Marion als 'Zugpferd' wäre
ich noch nicht hier. Die letzten zwei Stunden war ich an meinem
Limit, soviel ist mir auch klar. In knapp 4 Stunden sind wir von
4.500 m auf etwa 5.150 m gegangen. Ich finde, das ist schon eine
tolle Leistung. Jetzt ist erstmal eine 20-minütige Pause angesagt.
Ist auch ungedingt erforderlich. Ich brauche diese Pause dringend.
Endlich Pause
Dann geht es weiter, fast nur bergab und das tut gut. Nach
knappen 2 Stunden nochmals Pause
und auch diese Pause genieße ich. Und weiter bergab und auch mal
ganz leicht bergauf. Und es
kommen uns auch Menschen mit Mulis entgegen und das sogar zweimal.
An unserem heutigen
Zeltplatz kommen wir so gegen 16.00 Uhr an.
Zeltküche
Der Zeltplatz liegt heute auf 4.100 m, d.h. Start 4.500 m, höchster Punkt 5.150 m, Campingplatz 4.100 m. Eine wechselvolle und sehr niveauvolle Tour. Ich bin auch froh, gut angekommen zu sein. Die Zelte sind schon fast aufgebaut. Rainer spendiert eine Runde Whisky, dann räume ich mein Zelt ein und fange an, den Reisebericht über den heutigen Tag zu schreiben. Heute Nacht soll es übrigens nicht so kalt werden. Ich hoffe, die Prognose stimmt. Nach dem Abendessen sitzen wir noch ein bisschen zusammen, und da am anderen Morgen wieder früh Wecken an-gesagt ist, geht’s bald ab in den Schlafsack.
Alternativ-Programm:
Ich habe ziemlich gut geschlafen, und da unserer heutiger Guide
Marco Antonio erst um 09.30 Uhr ins Hotel kommt, haben wir viel
Zeit. Auch er hatte gestern Abend auf seinem Info-Zettel 'Theresa'
geschrieben. Nach dem Urlaub werde ich mich wohl so daran gewöhnt
haben, dass ich meinen Namen ändere.
Monika will sich noch schonen und im Hotel bleiben. Aber heute
stoßen ja Susanne und Sabine zu
unserer Gruppe. Heute Morgen beim Frühstück habe ich mich mal
unauffällig umgesehen und
auch 2 Frauen gefunden, die es sein könnten. Und ich habe Recht. Die
beiden entpuppen sich als
Zwillinge und dazu noch als lustig, aufgeschlossen und nett. Auch
sie werden gut zu uns passen.
Marco Antonio bringt mir als erstes die Mitteilung, dass es mit
der Umbuchung meines Tickets für Machu Picchu doch noch geklappt hat
und ich jetzt zusammen mit Friedel hinfahren kann. Ich
strahle ihn so an, dass er grinsen muss. Er entpuppt sich auch als
ausgesprochen lustig, und so
steht einem interessanten Tag nichts mehr im Wege.
Valle Sagrado
Pepe unser Fahrer bringt uns als erstes natürlich auf
einen Mirador. Von hier können wir einen ersten Blick ins
heilige Tal der Inkas werfen. Das Valle Sagrado
(Heiliges Tal der Inkas) – ist ein fruchtbares Tal im
Norden Cuscos, eine Gegend geprägt durch flache
wenige Kilometer breite Schwemmgebiete zwischen
steilen Felswänden, kleineren Ortschaften, Inkaruinenund umgeben von hohen Schneebergen. Die Feldbauterrassen
ziehen sich bis in Schwindel erregende Höhen
die Berghänge hinauf um die verschiedenen
Höhenbereiche voll zu nutzen.
Weberin
In einer Anlage, die wie ein Naturkundemuseum aufgebaut ist, können wir auf einer großen Tafel die Unterschiede zwischen Lamas, Alpakas, Vikunjas undGuanakos erkennen und unser Wissen dann gleich bei den Tieren in den Gehegen testen. Ein Stück weiter sind Fruchtstände, Blüten usw. ausgestellt, mit denen die Wolle der Alpakas gefärbt wird. Und dann können wir zugucken, wie Frauen die alten traditionellen Muster aus ganz feiner Wolle weben. Mann oh Mann, was erfordert diese Arbeit Geduld.
Danach fahren wir zu einer kleineren Inka-Anlage, in der
Marco uns viele Inkagräber in den Felsen zeigt. Die Inkas
wurden in Fötushaltung beerdigt, da sie ja wiedergeboren
wurden. Marco erzählt uns auch, dass es immer nur
einen Inka gab, die anderen waren nur Quechua. Ein Inka durfte viele
Frauen haben, aber der
nächste Inka war immer der Sohn des Inkas aus der Ver-bindung mit
seiner Schwester.
Weiter geht es durch das heilige Tal. Überall wird Ackerbau betrieben. Vorwiegend wird Mais angebaut. Obwohl Trockenzeit ist, wirkt alles ziemlich grün. Die Felder werden gerade für die nächste Aussaat vorbereitet, da Ende August mit den ersten Regenschauern zu rechnen ist. Wie anstrengend diese Arbeit ist, kann man nur ahnen. Keine Maschinen, sondern Ochsengespanne mit Holzpflügen. Ein für uns ungewohner Anblick.
Die Straßenränder sind oft mit Kakteen oder Agaven begrenzt.
Schade, bei den Agaven kann man
nur noch die verblühten Stengel bewundern. Sobald eine Stange auf
die Straße ragt, an der ein
weißer oder roter Sack befestigt ist, weiß man, hier gibt es Chicha.
Auch ist wieder viel Euka-lypthus zu sehen, der bis zu einer Höhe von
4.000 m wächst. Dieser Baum wurde aus Australien eingeführt, ist
schnell wachsend, aber nicht gut für den Boden.
Ollantaytambo
Schon bald sind wir in Ollantaytambo, einer Festung mit großer
religiöser Bedeutung im Urubambatal. Die Festung wurde bis
zum Eintreffen der Spanier nicht fertig gestellt. Davon zeugen
sechs riesige Monolithen aus rotem Granit, die bis zu 50
Tonnen wiegen. Gegenüber der Festung sind am Berghang die
Lagerhäuser erbaut. Mühsam zu erreichen, aber durch den
Wind blieben die Lebensmittel länger frisch. Ein Teil des
Gebirges sieht aus wie ein Gesicht, dem die Inkas dann durch
die Gebäude nur eine 'Krone' aufgesetzt haben.
Nach einer ausführlichen Besichtigung geht es wieder zurück
nach Cusco. Aber nicht, bevor Marco uns erklärt hat, was eine
Blume im Haar bedeutet. Diese Blume signalisiert, ich bin auf
der Suche. Ich schlage vor, Manni mal unauffällig eine Blüte
hinters Ohr zu stecken und zu sehen, was dann passiert.
Zwischendurch erzählt Marco immer wieder aus seinem Leben.
Ich glaube, seine Eltern haben viel Spaß mit ihm gehabt. Zuerst
gelernter Restaurator ist er jetzt u.a. Bergführer und Reiseleiter.
Im Winter gibt er in der Steiermark Kurse für Leute, die in den
Anden bergsteigen wollen. Zum Nationalgericht in Peru erklärt
er, dass man erst mit den Meerschweinchen spielt und dann – er reibt
sich den Bauch. Er erzählt
uns auch einiges, was uns im Dschungel erwartet. Er selbst hat einen
Monat dort mit den
Eingeborenen gelebt: „Die essen alles, was sich bewegt!“ Er erzählt
von Moskitos, die wie
Tornados zustechen, Schmetterlingen, deren Larven sich in die Haut
bohren. Aber er will uns keine Angst 'bringen'. Wir wissen noch
nicht so recht, wie weit wir diesem Schlitzohr trauen und glauben
können.
Dann erzählt er noch von einem kleinen Fisch, beschreibt genau Größe
und Form, der, wenn die
Frauen nackt schwimmen – er macht eine schlängelnde Handbewegung –
hinschwimmen, und die Frauen brauchen eine kleine Operation. Als ich
ihn daraufhin frage, was ist, wenn Männer nackt bei den Piranhas
schwimmen, bekomme ich nur ein Grinsen als Antwort.
Um schneller wieder in Cusco zu sein, nehmen wir eine Abkürzung
über eine nicht asphaltierte
Straße, die eine halbe Stunde einsparen soll. Einen Teil der
eingesparten Zeit braucht der Fahrer
dann, um den platten Reifen zu wechseln. War die Abkürzung wirklich
eine gute Entscheidung?
Wir könnten sogar während des Reifenwechselns im Auto bleiben (kein
Problem, wir haben ja
nichts gegessen), ziehen es aber doch vor, auszusteigen.
Dann zeigt er uns noch den höchsten Bungee Jumping von Südamerika. Hier gibt es immer samstags ein spezielles Angebot für Frauen. Wer nackt springt, muss nicht zahlen. Seinem Erzählen nach sparen sich viele das Geld.
Als wir in Cusco im Hotel angekommen, ist Monika unterwegs.
Hoffentlich ein gutes Zeichen. Das
Abendessen nehmen wir heute im Hotel ein, es ist lecker und der
Pisco supergut – aber stark.