Mythos Amazonien

... von der Quelle des Amazonas bis Manaus

Trekking über die Passhöhe Quewisha
Valle Sagrado, Ollantaytambo (Alternativprogramm)

Trekking-Programm:
Wecken ist für 06.30 Uhr angesagt, Frühstück 07.00 Uhr. Die Nacht war nicht gut. Kopfschmerzen, innere Unruhe, schlecht bzw. kaum geschlafen. Der Schlafsack war aber gut. Gefroren habe ich nicht. Auch die Luftmatratze war bequem. Somit habe ich zumindest gut gelegen. Als ich mich nach dem Wecken recke und strecke, ich hatte übrigens wegen meiner Größe ein Einzelzelt, stelle ich erstaunt fest, dass die Zeltwände komplett vereist sind. In der Nacht müssen die Temperaturen bis auf Minus 12 bis 15 ° C gefallen sein. Auch für mich ein neuer Kälterekord beim Trekking. So richtig Lust auf Frühstück habe ich nicht. Aber Energiezufuhr muss ja sein. Brühe mir auch 2 Tassen Coca-Tee auf. Dann wieder den Rucksack packen. Der heutige Tag soll leichter sein als der gestrige. Mal sehen.

Beim Angeln gestern kreuzte auch ein Junge auf, vielleicht so 10 Jahre alt. Die Steinhütte seiner
Eltern lag etwa 500 m von unserem Zeltplatz entfernt. Der Junge hatte zwei Hunde dabei. Bei zwei Hunden hat wohl der Jaguar Skrupel anzugreifen. Zwei Hunde sind dann wirklich ein Hund zuviel. Da es hier aber weit und breit keine Ansiedlung, geschweige denn eine Schule gibt, müsste dieser Junge jeden Tag mindestens ca. 5 Std. zur Schule laufen. Dazu die Unterrichtszeit und der Rückweg. Wie lange wird ein Kind, bzw. werden die Eltern dieses überhaupt mitmachen. Somit ist der weitere Lebensweg bereits klar vorgezeichnet. Andererseits kennen diese Menschen es seit Generationen auch nicht anders. Ob sie damit glücklich oder unglücklich sind? Ich kann es nicht beurteilen, ich kann mir nur meine Gedanken machen und komme sicherlich des öfteren ins Grübeln.
 

Sauerstoff

Vor dem Abmarsch probiert Rainer mal kurz die neue Sauerstoffflasche aus. Und die Sauer-stoffzufuhr bekommt ihm gut. Dann also auf zum nächsten Etappenziel. Der Weg geht über Geröll leicht bergauf und auch mal wieder bergab. Lamas, Alpakas, Andengänse zuhauf. Wie
schon so oft, außer uns keine anderen Menschen. Nach rd. 1 ½ Stunden dann die erste Pause. Wenn ich ehrlich sein soll, muss ich sagen, die Pause tut seeehr guuuut. Wieland und Rainer nutzen an diesem Tag mehrfach das kleine Andenpferd. Diese Andenperde haben ein sehr großes Herz. Europäische Pferde würden sich in dieser Höhe wohl sehr schnell 'strecken', aufgrund ihrer 'normalen' Herzen.

Zu Beginn des Anstiegs hatte ich mir vorgenommen, 100 Schritte rechts, 100 Schritte links, dann Pause. Ich habe es sogar ein oder zweimal geschafft. Musste dann aber radikal re-duzieren, über 50/50 auf 30/30 und letztendlich noch weniger. Hinter unserem Bergguide
herzugehen musste ich dann auch drangeben. Blieben als 'Orientierungspunkte' also nur noch Marion und Manfred. Der innere Schweinehund wird auch immer größer und kräftiger. Sein Argument lautet: „Gib erstmal den Rucksack ab, dann wird vieles leichter!“ Ich habe mitterweile also doppelt zu kämpfen. Weitergehen und der inneren Versuchung zu widerstehen. Die Spiegelreflex habe ich zwar mitgeschleppt, sie aber nicht ausgepackt und Fotos geschossen. Ich bin einfach zu platt. Der Kraftaufwand ist mir zu groß. Heute lache ich darüber und bedaure, keine Fotos gemacht zu haben. Aber die Situation war eben nun mal so.

Die Höhenmesser von Manfred und Rainer pendeln auch nur ganz langsam nach oben. Daran
zeigt sich dann: Es geht zwar nach oben, aber verdammt langsam. Und jeder Schritt ist schwer.
Mittlerweile stelle ich mir immer öfters die Frage: 'Warum tue ich mir das an?' Und ich bezahle ja
auch noch richtig Kohle dafür. Aber es war ja meine Entscheidung. Mittlerweile ist es bei mir auch eine Sache der Psyche. Will ich, oder will ich nicht oben ankommen? Noch will ich. Wir befinden uns im Moment etwa im 4.800 m-Bereich. Der Blick ist einfach nur auf die Füße gerichtet. Was rechts und links ist, interessiert mich nicht. Die Atmung ist schwer. Ich wage nicht daran zu denken, wie es ohne Stöcke wäre. Als ich dann bei einer Pause doch mal den Blick schweifen lasse, sehe ich Schafe, Kühe und Alpakas. Wobei die Kühe in erster Linie als Fleisch- und nicht als Milchkühe gehalten werden. Ich befinde mich jetzt auf einer Höhe von 4.900 m.

Und immer noch kein Ende in Sicht. Ich habe mich seit geraumer Zeit an Marion gehangen und
versuche, nicht abreißen zu lassen. Bei einer gemeinsamen Pause sagt Marion nur: „Nimmt das
denn gar kein Ende?“ Ich bin erfreut zu hören, dass auch Marion am Kämpfen ist. Mein innerer
Schweinehund wird größer und größer. Aber noch bin ich Chef. Dann endlich, ich will gerade wieder pausen, sehe ich Wieland an einem Felsbrocken sitzen. Er muss also auf der Passhöhe Quewisha sein. Also keine Pause und durchgehen. Es sind noch etwa 50 m. Ich kämpfe mich die letzten Meter nach oben. Oben angekommen bin ich fix und alle, innerlich aber glücklich, es geschafft zu haben. Marion kommt fast gleichzeitig mit mir oben an. Und Manfred kommt auch kurz danach. Alle sind platt. Klar ist, ohne Marion als 'Zugpferd' wäre ich noch nicht hier. Die letzten zwei Stunden war ich an meinem Limit, soviel ist mir auch klar. In knapp 4 Stunden sind wir von 4.500 m auf etwa 5.150 m gegangen. Ich finde, das ist schon eine tolle Leistung. Jetzt ist erstmal eine 20-minütige Pause angesagt. Ist auch ungedingt erforderlich. Ich brauche diese Pause dringend.

Endlich Pause

Dann geht es weiter, fast nur bergab und das tut gut. Nach knappen 2 Stunden nochmals Pause
und auch diese Pause genieße ich. Und weiter bergab und auch mal ganz leicht bergauf. Und es
kommen uns auch Menschen mit Mulis entgegen und das sogar zweimal. An unserem heutigen
Zeltplatz kommen wir so gegen 16.00 Uhr an.

Zeltküche

Der Zeltplatz liegt heute auf 4.100 m, d.h. Start 4.500 m, höchster Punkt 5.150 m, Campingplatz 4.100 m. Eine wechselvolle und sehr niveauvolle Tour. Ich bin auch froh, gut angekommen zu sein. Die Zelte sind schon fast aufgebaut. Rainer spendiert eine Runde Whisky, dann räume ich mein Zelt ein und fange an, den Reisebericht über den heutigen Tag zu schreiben. Heute Nacht soll es übrigens nicht so kalt werden. Ich hoffe, die Prognose stimmt. Nach dem Abendessen sitzen wir noch ein bisschen zusammen, und da am anderen Morgen wieder früh Wecken an-gesagt ist, geht’s bald ab in den Schlafsack.


Alternativ-Programm:
Ich habe ziemlich gut geschlafen, und da unserer heutiger Guide Marco Antonio erst um 09.30 Uhr ins Hotel kommt, haben wir viel Zeit. Auch er hatte gestern Abend auf seinem Info-Zettel 'Theresa' geschrieben. Nach dem Urlaub werde ich mich wohl so daran gewöhnt haben, dass ich meinen Namen ändere.

Monika will sich noch schonen und im Hotel bleiben. Aber heute stoßen ja Susanne und Sabine zu
unserer Gruppe. Heute Morgen beim Frühstück habe ich mich mal unauffällig umgesehen und
auch 2 Frauen gefunden, die es sein könnten. Und ich habe Recht. Die beiden entpuppen sich als
Zwillinge und dazu noch als lustig, aufgeschlossen und nett. Auch sie werden gut zu uns passen.

Marco Antonio bringt mir als erstes die Mitteilung, dass es mit der Umbuchung meines Tickets für Machu Picchu doch noch geklappt hat und ich jetzt zusammen mit Friedel hinfahren kann. Ich
strahle ihn so an, dass er grinsen muss. Er entpuppt sich auch als ausgesprochen lustig, und so
steht einem interessanten Tag nichts mehr im Wege.

Valle Sagrado

Pepe unser Fahrer bringt uns als erstes natürlich auf einen Mirador. Von hier können wir einen ersten Blick ins heilige Tal der Inkas werfen. Das Valle Sagrado (Heiliges Tal der Inkas) – ist ein fruchtbares Tal im Norden Cuscos, eine Gegend geprägt durch flache wenige Kilometer breite Schwemmgebiete zwischen steilen Felswänden, kleineren Ortschaften, Inkaruinenund umgeben von hohen Schneebergen. Die Feldbauterrassen ziehen sich bis in Schwindel erregende Höhen
die Berghänge hinauf um die verschiedenen Höhenbereiche voll zu nutzen.

Weberin

 In einer Anlage, die wie ein Naturkundemuseum aufgebaut ist, können wir auf einer großen Tafel die Unterschiede zwischen Lamas, Alpakas, Vikunjas undGuanakos erkennen und unser Wissen dann gleich bei den Tieren in den Gehegen testen. Ein Stück weiter sind Fruchtstände, Blüten usw. ausgestellt, mit denen die Wolle der Alpakas gefärbt wird. Und dann können wir zugucken, wie Frauen die alten traditionellen Muster aus ganz feiner Wolle weben. Mann oh Mann, was erfordert diese Arbeit Geduld.


Danach fahren wir zu einer kleineren Inka-Anlage, in der Marco uns viele Inkagräber in den Felsen zeigt. Die Inkas wurden in Fötushaltung beerdigt, da sie ja wiedergeboren wurden. Marco erzählt uns auch, dass es immer nur einen Inka gab, die anderen waren nur Quechua. Ein Inka durfte viele Frauen haben, aber der nächste Inka war immer der Sohn des Inkas aus der Ver-bindung mit seiner Schwester.

Weiter geht es durch das heilige Tal. Überall wird Ackerbau betrieben. Vorwiegend wird Mais angebaut. Obwohl Trockenzeit ist, wirkt alles ziemlich grün. Die Felder werden gerade für die nächste Aussaat vorbereitet, da Ende August mit den ersten Regenschauern zu rechnen ist. Wie anstrengend diese Arbeit ist, kann man nur ahnen. Keine Maschinen, sondern Ochsengespanne mit Holzpflügen. Ein für uns ungewohner Anblick.

Die Straßenränder sind oft mit Kakteen oder Agaven begrenzt. Schade, bei den Agaven kann man
nur noch die verblühten Stengel bewundern. Sobald eine Stange auf die Straße ragt, an der ein
weißer oder roter Sack befestigt ist, weiß man, hier gibt es Chicha. Auch ist wieder viel Euka-lypthus zu sehen, der bis zu einer Höhe von 4.000 m wächst. Dieser Baum wurde aus Australien eingeführt, ist schnell wachsend, aber nicht gut für den Boden.

Ollantaytambo

Schon bald sind wir in Ollantaytambo, einer Festung mit großer religiöser Bedeutung im Urubambatal. Die Festung wurde bis zum Eintreffen der Spanier nicht fertig gestellt. Davon zeugen sechs riesige Monolithen aus rotem Granit, die bis zu 50 Tonnen wiegen. Gegenüber der Festung sind am Berghang die Lagerhäuser erbaut. Mühsam zu erreichen, aber durch den
Wind blieben die Lebensmittel länger frisch. Ein Teil des Gebirges sieht aus wie ein Gesicht, dem die Inkas dann durch die Gebäude nur eine 'Krone' aufgesetzt haben.

Nach einer ausführlichen Besichtigung geht es wieder zurück nach Cusco. Aber nicht, bevor Marco uns erklärt hat, was eine Blume im Haar bedeutet. Diese Blume signalisiert, ich bin auf
der Suche. Ich schlage vor, Manni mal unauffällig eine Blüte hinters Ohr zu stecken und zu sehen, was dann passiert.

Zwischendurch erzählt Marco immer wieder aus seinem Leben. Ich glaube, seine Eltern haben viel Spaß mit ihm gehabt. Zuerst gelernter Restaurator ist er jetzt u.a. Bergführer und Reiseleiter.
Im Winter gibt er in der Steiermark Kurse für Leute, die in den Anden bergsteigen wollen. Zum Nationalgericht in Peru erklärt er, dass man erst mit den Meerschweinchen spielt und dann – er reibt sich den Bauch. Er erzählt uns auch einiges, was uns im Dschungel erwartet. Er selbst hat einen Monat dort mit den Eingeborenen gelebt: „Die essen alles, was sich bewegt!“ Er erzählt von Moskitos, die wie Tornados zustechen, Schmetterlingen, deren Larven sich in die Haut bohren. Aber er will uns keine Angst 'bringen'. Wir wissen noch nicht so recht, wie weit wir diesem Schlitzohr trauen und glauben können.

Dann erzählt er noch von einem kleinen Fisch, beschreibt genau Größe und Form, der, wenn die
Frauen nackt schwimmen – er macht eine schlängelnde Handbewegung – hinschwimmen, und die Frauen brauchen eine kleine Operation. Als ich ihn daraufhin frage, was ist, wenn Männer nackt bei den Piranhas schwimmen, bekomme ich nur ein Grinsen als Antwort.

Um schneller wieder in Cusco zu sein, nehmen wir eine Abkürzung über eine nicht asphaltierte
Straße, die eine halbe Stunde einsparen soll. Einen Teil der eingesparten Zeit braucht der Fahrer
dann, um den platten Reifen zu wechseln. War die Abkürzung wirklich eine gute Entscheidung?
Wir könnten sogar während des Reifenwechselns im Auto bleiben (kein Problem, wir haben ja
nichts gegessen), ziehen es aber doch vor, auszusteigen.

Dann zeigt er uns noch den höchsten Bungee Jumping von Südamerika. Hier gibt es immer samstags ein spezielles Angebot für Frauen. Wer nackt springt, muss nicht zahlen. Seinem Erzählen nach sparen sich viele das Geld.

Als wir in Cusco im Hotel angekommen, ist Monika unterwegs. Hoffentlich ein gutes Zeichen. Das
Abendessen nehmen wir heute im Hotel ein, es ist lecker und der Pisco supergut – aber stark.

Nächster Tag