Es heißt mal wieder früh aufstehen, aber das sind wir ja schon gewohnt. Ärgerlich ist nur, dass der Weckdienst des Hotels nicht funktioniert hat und wir uns mächtig beeilen müssen. Marion und Rainer sind zum Glück schon im Frühstücksraum, da hat der Weckdienst wohl geklappt. Auch Manni ist geweckt worden. Nur Wieland feht noch, Mechtild fragt an der Rezeption nach, aber da kommt Wieland schon.
Pepe bringt uns zum Bahnhof, der hoch über der Stadt liegt. Neben
der Straße stehen riesige Müllcontainer, in denen Hunde nach
Fressbarem wühlen und dabei die Hälfte der Sachen aus den
Containern werfen. Kein schöner Anblick. Die Fahrt dauert ca. 25
Minuten. Start ist bei 3.300 m
und es geht hoch bis 3.900 m und wieder runter zum Bahnhof auf 3.500
m. Neben unserem Zug
steht der sogenannte Luxuszug 'Hiram Bingham'. Eine Fahrt hiermit
bis nach Aguas Calientes
kostet ca. 600,-- $. Heute haben wir die erste Malaria-Tablette
genommen. Malarone kostet für uns beide zusammen für diese Reise ca.
340,-- €.
Im Zug bekommen wir einen guten Platz. Das muss gefeiert werden.
Um 14.00 Uhr (MESZ) wird
das erste Bier geöffnet. Dann bekommt Wilner Nachhilfe in Deutsch.
'Holz vor der Hütten', 'Haare
auf den Zähnen', 'grüne Minna' sind doch alles Begriffe, die er bei
den nächsten Gruppen gut ein-setzen kann, um mit seinen
Deutschkenntnissen zu glänzen. Und dann erklär mal einem 32-jähri-gen
Peruaner, dass früher die Deutschen mit einer Clopapierrolle auf der
Ablage herumgefahren sind, die mit einem Mützchen behäkelt war und
einen Bommel hatte.
Dann zeigt Manni, wie kalt es beim Trekking war (ca. 2 cm). Und
bei der Hitze im Dschungel
kommt dann die Phyton. Freuen wir uns drauf.
Fahrt nach Machu Picchu
Die Fahrt geht an vielen Adobebauten vorbei. Bei den
Ziegeleien sind die Lehmziegel zum Trocknen ausgelegt. Agaven und
Kakteen säumen unseren Weg. Es gibt immer wieder spek-takuläre
Aussichten, teils in den Dschungel, auf den Urubamba-Fluss, teils
auf Wasserfälle und schneebedeckte Vulkane. Langsam schaukelt sich
unser Zug die Spitzkehren hoch, ein Stück vorwärts, dann wieder
rückwärts usw.
Unterwegs können wir bei einem ungeplanten Stopp einen kleinen
Jungen beobachten. Mit dickem Pullover, aber dafür barfuß und mit
nacktem Popo. Er klettert auf einem Zaun herum und ist wohl sehr an
dem Zug und seinen Insassen interessiert. Wenn wir winken, versteckt
er sich manchmal kurz, kommt dann aber wieder neugierig an. Dann ein
Ruf (wahrscheinlich seine Mutter), und er ist weg. Schade.!
Den Einstieg Machu Picchu habe ich mir einfacher vorgestellt.
Aber Wilner lässt nicht zu, dass ich
unten bleibe sondern motiviert mich, dass ich mitgehe, bis ich einen
guten Überblick habe. Und
was soll ich sagen, es ist der Wahnsinn. Danke Wilner! Und wie so
oft habe ich wieder mal Glück
und bin plötzlich ganz allein. Ein Geschenk bei den vielen
Touristen, das ich sehr genieße.
Machu Picchu
Machu Picchu, die Bergfeste der Inka, muss man wohl niemandem vorstellen. Die Inkafeste ist die wohl spektakulärste Anlage ihrer Art nicht nur in Peru sondern wohl der ganzen Welt. Sie liegt in etwa 2450 Metern Höhe und hat unter allen Wundern dieser Erde die schönste Aussicht. Bis zu 500.000 Touristen zieht Machu Picchu jährlich an. Damit ist die Stätte zwar einer der wichtigsten Devisenbringer Perus, wenn die Regierung allerdings nicht bald etwas zum Schutz der Anlage unternimmt, wird sie wohl bald ganz für den Besucherverkehr geschlossen werden müssen. Diese Erkenntnis scheint sich langsam durchzusetzen, ein geplantes Seilbahnprojekt konnte in letzter Minute gestoppt werden.
Machu Picchu heißt übersetzt "Der alte Berg". Allem Anschein nach
gelang es den Spaniern zu
keinem Zeitpunkt ihrer Besatzung, Machu Picchu ausfindig zu machen.
Die vielen architektonisch
herausragenden Tempel sind ein Indiz, dass es sich um einen ganz
besonderen Ort gehandelt hat.
Sie sind zugleich stärkstes Indiz dafür, dass die Spanier den Ort
nie betraten. Überall sonst wurden die Tempel zerstört. Worum genau
es sich bei der "Bergfeste" handelt, ist nicht voll-ständig geklärt.
Ins Auge sticht die strategisch günstige Lage, allerdings ist man in
Anbetracht der Fundsituation
und Anlage des Ganzen geneigt, es eher als religiöses Zentrum zu
betrachten. Erbauen ließ die
Anlage nach relativ einhelliger Überzeugung der Inka Pachakuteq.
Während der Blütezeit haben
vermutlich um die 1000 Menschen in der Anlage gelebt. Wenn die dort
gefundenen Mumien einigermaßen
repräsentativ sind, müssen um die 80 Prozent Frauen auf Machu Picchu
gelebt haben.
Letzte Gewissheit werden wir nicht erlangen, aber es gibt
ausreichend starke Indizien, die auf ein
sogenanntes Aqllawasi hindeuten, ein Haus der erwählten Frauen.
Die schönsten und tugendhaftesten Frauen des Volkes wurden zu
Ehefrauen der Sonne erkoren.
Es war eine hohe Ehre. Und nicht nur das, allenthalben wird auch
vermutet, dass alle oder wenigstens die meisten von ihnen zugleich
auch Ehefrauen des Inka waren. Es würde Sinn machen. Der Inka war
vom Titel her der Sohn der Sonne, man könnte sagen die Erscheinung
derselben auf Erden.
Warum die Stadt schließlich aufgegeben wurde, wird wohl ewig ein
Rätsel bleiben. Fest steht,
dass der Ort verlassen wurde und dem Vergessen anheim fiel.
Unberührt von Menschenhand für
Jahrhunderte, entschwand es ins Reich der Mythen. Eigentlich noch
nicht einmal das. Da niemand Kenntnis hatte von dem Ort, verschwand
er einfach völlig aus dem Bewusstsein der Menschen.
Das blieb so bis ins 20. Jahrhundert und dem Besuch Binghams. Nun
ist es mit der Ruhe freilich
vorbei. Für Hunderttausende ist ein Besuch in der verlorenen Stadt
ein Lebenstraum. Als Teil des
Unesco Weltkulturerbes genießt die Stätte heute einen gewissen
Schutz. Bleibt zu hoffen, dass die
peruanischen Behörden auch wirklich alle notwendigen Maßnahmen
ergreifen, dieses Wunderwerk von Menschenhand zu erhalten.
Machu Picchu
In Machu Picchu ist alles streng durchorganisiert, Passkontrolle etc. Ein großer organisa-torischer Aufwand. Wilner macht für unsere Gruppe die Führung. Der Komplex ist in Nord-Südrichtung 800 – 1000 m lang und etwa 500 m breit. Die unterschiedlichen Stadtsektoren sind deutlich sichtbar. Unterhalb des Aussichtspunktes liegt die Oberstadt mit den Palast-vierteln, dem halbrunden Sonnentempelturm und dem darunterliegenden Mausoleum. Hinter dem Palastviertel erstreckt sich das Tempelviertel mit dem Intiwantana-Felsen. Gegenüber der Oberstadt liegt die Unterstadt mit dem Gefängnisviertel, Lager- oder Speicherviertel, dem Viertel der Handwerker sowie dem Intellektuellen- und Wohnviertel. Obere und Untere Stadt werden duch den großen dreistufigen Platz in der Mitte getrennt, er stellt gleichzeitig den einzigen ebenerdigen Teil der Stadtanlage dar. Bei den verschiedenen markanten Punkten bekommen wir immer neue Perspektiven zu sehen. Auch das letzte Stück des Inkatrails ist zu sehen, ebenfalls KM 88/104, der Einstieg für die Trekker.
Inkabrücke
Wilner geht auch mit uns zur Puente Inca,
der Inkabrücke. Vom Begräbnisstein führt
ein ausgeschilderter Pfad zur 10 Minuten
entfernten Inkabrücke. Der Pfad klebt
direkt am Fels und ist sehr schmal, nach
rechts fällt er teilweise mehrere hundert
Meter ab. Es ist auch sinnvoll, kein Geäst
zu berühren, es könnten Schlangen darauf
sein. Ehe wir zur Puente Inca gehen,
müssen wir uns an einem Kontollpunkt mit
Namen und Alter (!) eintragen. Auf jeder
Seite ca. 25 Namen. Bei den letzten 50
Namen keiner über 60, geschweige denn
70., außer Manfred und mir. Als wir wieder
zurückkommen, müssen wir unsere
Namen abhaken. Manfred und ich sind
immer noch die mit Abstand Ältesten. Aus
den geplanten 1 ¾ Stunden sind inzwischen 2 ½ Stunden geworden, aber
die Führung war auch
sehr interessant. Ehe wir die Anlage verlassen, holen wir uns alle
noch einen wunderschönen
Sonderstempel in unseren Pass.
Machu Picchu ist hundertprozentig touristisch aufbereitet. Trotzdem war es sehr interessant und lehrreich. Im Nachhinein bin ich aber doch froh darüber, dass ich mich nicht für eine Trekkingtour nach Machu Picchu entschieden habe, wie ich es schonmal vor hatte. Da war die Trekkingtour zur Amazonasquelle doch ursprünglicher.
Gruppe Inti Pacha
Mit dem Bus geht’s nach Aguas Calientes. Wir finden eine nette Pizzeria. Friedel muss natürlich einen Obstsalat mit Eis essen. Kurz danach stellt sich eine Band direkt vor unserem Tisch auf und spielt andine Musik. Da kommt Stimmung auf. Die Musiker merken, wie gut uns ihre Musik gefällt und legen sich mächtig ins Zeug. Auch Fotos werden von ihnen mit unserer Gruppe gemacht. Natürlich kaufe ich auch ihre CD. Wilner, der einen Zug früher fahren muss als wir (alles ist hier reglementiert), verpasst den Zug und taucht plötzlich wieder an unserem Tisch auf. Jetzt muss er sehen, wie er weiterkommt, wahrscheinlich ein späterer Zug als unserer.
Jetzt wird es aber Zeit, zum Zug zu gehen. Unterwegs kaufe ich an
einem der vielen Stände noch
Rucksackaufnäher. Und ich finde auch eine Kette mit einem
Indianerkreuz. Wilner freut sich, dass ich mich gerade für diese
Kette, die er auch trägt, entscheide und ist der Überzeugung, dass
ich jetzt die gleiche Energie habe, wie er sie hat. Na, dann will
ich mich mal darauf freuen, schön
wär's.
Pepe und seine Tochter holen uns in Ollantaytambo ab, da eine Aufofahrt erheblich schneller sein soll als der Zug. Die Fahrt bis Cusco dauert lange. Ob diese Lösung wohl wirklich die schnellere war? Wahrscheinlich wären wir mit dem Zug auch nicht viel langsamer gewesen.
Der Tag als solcher war schon anstrengend. Machu Picchu,
Weltkulturerbe eine schöne Sache,
hat aber auch einen sehr hohen Preis. Selbst die Toilette muss oben
mit 1 $ bezahlt werden. Bei
einem Eintrittspreis (mit Zugfahrt) von 210 $ schwer
nachvollziehbar. Die Besucher sind international, alle Hautfarben
sind vertreten. An diesem Tag gehörten Manfred und ich zu der
verschwindend kleinen Zahl der über Sechzigjährigen.
Im Hotel brauchen wir dringend einen Pisco, übrigens der beste, den wir in Peru getrunken haben. Dann kommen auch schon Wilner und Tony und informieren uns über die Tage im Dschungel. Die Gummistiefel sind auch inzwischen für alle eingetroffen. Es wird eine kurze Nacht werden. Wilner will um 06.00 Uhr starten, aber wir können nach zähen Verhandlungen eine Stunde rausschinden.
Kurz darauf lerne ich auch die letzten beiden Teilnehmerinnen
der Gruppe kennen. Susanne und
Sabine bringen mit ihren 30 Jahren unseren ganzen Altersdurchschnitt
durcheinander. Sie kommen aus Stuttgart und sind Zwillinge, aber gut
zu unterscheiden. Gegen Mitternacht herrscht allgemeine
Aufbruchstimmung. Mechtild und ich ziehen uns auch auf unser Zimmer
zurück, am
nächsten Morgen heißt es ja auch wieder früh aufstehen.